Der letzte Soldat
Ich bins, der letzte Soldat. Bin zu Fuß gegangen. Komm ich zu spät? Hab noch schnell einen Krieg verloren, und den Umweg über den Tod genommen, bin als letzter gefallen. Dann noch das Feld geräumt- von Schutt und Asche, hab Erde verbrannt, und das Blut getrocknet, die Friedenstauben begraben und wilde Blumen gepflanzt. Hab den Himmel für euch neu bestellt- aber jetzt, jetzt bin ich wieder da, hab euch eingeholt, nach Haus geholt- bin müde, lebensmüde, todmüde.
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Winterbeginn
Jetzt sitzen sie wieder auf den Nebelbänken in den Parks dieser Welt, den Hutrand blutig eingewachsen in die Stirn. Die Dichter und Denker aus den selbstgeschriebenen Büchern, haben sich erschöpft im wilden Sommerwahn- gefallen aus Atemzügen- dumpf ins Wintergras- nehmen Platz, jeder eine Zeit entfernt. Abends bricht der Mond den schwachen Tag, die Nacht hält Wache, der Herzschlag-einmal die Stunde- im Einschussloch brennt noch ewig das Licht. Und morgens hängt ein Totenhemd im Wind.
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Wer steht dort am Horizont? Ich bins nicht! Vielleicht morgen?
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Papstlied
Hinter den Mauern türmt sich das Blut zur Krone. Ein dunkler Jagdmann in Hermelin. Am Tag des Herrn im weißen Masturbantenkleid, bis die Lämmer zu den Kreuzen kriechen. Eine Ratte gräbt sich ins Katzengesicht und grinst, mit einem Kranz aus Rosen fällt der Heilige Geist ins Abendmahl, die Hände im Kindernest.
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Und später fällt der Abend in die Nacht, und am Rande des Wahnsinns sind wieder Plätze frei.
Winterabschied
Die Stimmen am Rand des Tages, langsam trocknet das Hundefell. Dort war noch etwas vom Schnee.
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Winter Der kranke Wintermorgen frisst sich kalt ins graue Gras. Aus dem Bauch
des Kopfes tropft die Traumgeburt, und im Polstergebirge verliert sich die
Spur. Toter Vogel, bald toter Tag. Der Winter schneit sich ein.
- - - Der eine Schwan des anderen, miteinander im verlorenen Gleichgewicht,
übers Meer und weiter. - - - Mein Hitler „dir hängt a tota Rotz aus da Nosn...“ hörte ich mich sagen. Hitler
blieb stehen, sah mich an, öffnete seinen Mund, aß zuerst die Ratte und dann
sich selbst.
Sei lieb zu dir sonst bins ich. - - -
Muttertagsgedicht (für Floristen) Endlich fand ich eine tote Mutter, vom Messer im Stich gelassen, fiel
sie aus der Nacht ins Morgengrauen, lag quer über dem Weg, parallel zur Sonne,
aus dem Mund wuchs stummes Gras und die Seele hat sich aus den Augen verloren.
Ich Ich bin der, den ich brauche, um der zu werden, der ich bin.
Im Wirtshaus Dort drüben sitzt der sinnlose Franz Würgt seine Hände am Glas Und lallt vom betrunkenen Fisch. Er schießt sich bunte Löcher ins Herz Und pfeift ein Lied für den toten Freund. Dem ist sein Hirn im Blut ertrunken Bei der Nachtfahrt gegen die Wand. Jetzt nur mehr der sinnlose Franz, sitzt neben sich Und sucht den lachenden Dritten. - - - Kärnten, das Land der missglückten Frisuren. - - - Sonntag Sonntags in den Dörfern herrscht Ruhe und Frieden in den Schlachthallen
und in den Kirchen knien die Schlächter. Sonntags in den Dörfern. - - - Weniger ist mehr. Das heißt, nichts ist alles! Alles ist nichts? - - -
Die Krokodillederschuhe fressen sich den Marmorgang entlang, fressen
sich nach Hause ins Paradies. - - - Mein Mord zum Selbst Ich lag noch im dunklen Katzengras, als der Selbstmord kam. Er ritt auf
schwarzen Träumen übers Land, und flocht Seile in den Himmel. Und als die
Wolken brachen verflog sich mein Selbst.
Wenn der Wahn den Sinn verliert, und der Sinn im Wahn sich irrt, dann
ist es Zeit.
- - - Der Voyeur im Rampenlicht sieht den Exhibitionist im Dunkel nicht.
Nordwind- mit silbernen Fäden übers Meer gezogen. In toten Winkeln das
Leben gedreht und das Gras der Angst gemäht. Im Liegen das Stehen gelernt. Die
Hände tanzen, was die Sprache nicht kann, der halbe Schritt zu schnell für die
Angst- die dünn sich häutet. Das Schlanksein, die blaue Wunde springt über
Felder aus Mohn. Im Leder schützt sich der Traum vom Glück. Zur festen Größe
des Sommers,bis der Vorhang fällt, dann hallt noch im Herz die Trommel des
Engels und es wächst die Perle aus Mutt.
Auf ein Wort
Das Wort brach sich aus dem Mund, fiel ins Gehörte, spricht sich in der Welt herum, gedacht, gespürt, versteckt sich im Satz. Erlebt sich im Mensch, wird laut im Leisesein, gewinnt an Schwere mit der Zeit- kann sein ein Zeitwort in gedachten Räumen- ist Wirklichkeit.
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Sonntag Die Geigen spielen den traurigen Sonntag, in der engen Welt der Angst
fällt das Leben schwer, zurück. Der Atem hält an, wenn aus den Falten des
Himmels ein toter Engel schwebt und der nächste Tag. - - - Frühling Andiesen zarten Frühlingsnachmitten beginnen die Leichen in meinem Garten
wieder zu blühen. - - - Die Abendandacht der linkshändigen Pianistin- in stillen Klangräumen
und beidhändig. - - -
An die weiße Wand gelehnt, längst ein Teil von ihr, das Rückrad
gehäutet, liegt bloß und wurzelt im Wort. Täglich der nächtliche Freitod. Ein
Katzensprung in die Wunde aus feuchtem Gold, einen leisen Schrei vom Himmel
entfernt. Auch diesen Tod gestorben, die schmale Hand schläft in der
Schlangenhaut, der Atem ein müder Schlagabtausch. Die Landschaft ohne Farbe,
nur die blaue Stunde ritzt Sätze in dieHaut. Der Tod kommt mit der Zeit, zu
schnell- bald – atemlos hängt das matte Flügelpaar. Die tätowierte Haut über
den Himmel gespannt, ein Tuch über die endlosen Nachttische der Denker. Was
bleibt ist mehr als wahr und ein schwarzes Kleid aus Schmetterling- in die
weiße Wand gewachsen. - - - Georg Trakl Der silberblaue Schädel schlägt gegen das Leben, bis die Augen gold und
starr durch den Himmel leuchten. Statt Totgeburten türmen sich Gedichte am
Horizont, wo alles beginnt, wenn es endet. Der Kurzbesuch vom grauen Blues
schwarz gelebt. - - - Ostermontagmorgen Der Blutriss läuft übers Land. Aus ihm bricht das neue, helle Grün, der
junge Tod getarnt im Frühlingskleid vom vorigen Jahr. - - - Der Unsichtbare traut sich aus seinem Versteck. - - - Jetzt ist immer, immer ist jetzt. - - - Ich bin wie ich bin, ich bin ein Gewinn. - - - Leg jetzt eine Spur in die Zeit, denn jetzt ist bereits Vergangenheit. - - - Der Fortschritt geht vorbei. - - - Mein Freund Ich. - - - Kindeserinnerung Damals im toten Raum der Stoß ins fahle Aug des Mondes tropft der Traum
ins feuchte Bett und der Knochenzwerg aus Luft und Haut am Sprung zur nächsten
Angst. - - - Geburtstag Getarnt im Schwanenflug brach ich den weißen Flügel des Winters. Das
war im März 1951, dabei sah ich die Narren des Himmels, jeder einer von uns-
zum Abflug bereit.
Der Tod hält den Atem an
- - - Das Leben liegt erschöpft im Garten. Der Tod hat Zeit, er kann warten.
Doch plötzlich, und so kommt es eben, nimmt sich der Tod sein eigenes Leben. - - - Erwachen Der gestrige Tod riecht heute noch. In den dämmrigen Abendgasse blühen
dunkelbunte Blumen. In den Wäldern hocken Großväter gewachsen aus toten Birken.
In ihren Schädeln wohnen weiße Schmetterlinge, die an zarten Frühlingstagen die
goldene Wärme sammeln. - - - Die Trinker Noch bellt der Tod seine Hunde zurück- sie dösen im schwarzen Gras,
gespannt zum nächsten Sprung. Noch schluckt die Nacht wilde Tiere, die Trinker
haben wieder das Sagen. Es wächst ein dunkelblauer Schwan aus Gold, im
Knopfloch die Blaublutblume. Noch herrscht am Stammtisch der Narren Mut. Das
gemeinsame ist es, was trennt, jeder eine kleine Welt entfernt, und in binden
Spiegeln trägt die Wirklichkeit das falsche Kleid. Jetzt liegen wir in toten
Betten, in den Augen das Blut der letzten Angst. Im Magen wächst ein Tier. Im
Hals die rote Amsel. Selbst der Morgenflug des Schmetterlings ist laut. Längst
ist der Tod gegangen mit der Nacht, abgetaucht in russische Seelen. Die Hunde
dösen im schwarzen Gras, gespannt zum letzten Sprung. Sie suchen einen neuen
Herrn - - - Da war der Herbst, da ist der Frühling, dazwischen war dein Tod. - - - Am Morgen hocken die Trinker am Fuße der Weinberge. Tagsüber kippen sie
langsam zurück und erkennen sich nachts im toten Meer wieder. - - - Die Wachsamkeit der Hundeohren dreht sich nach außen. Dort bluten sie
Gedenksteine an die Ränder der Erfolgsstraßen.
Wenn die Haut des Himmels platzt, springen schwarze Hunde aus dem Regen und die Unendlichkeit ist endlich ein Kreis.
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Die Frisur des Schlächters ist Blut. Die Augen sind keine. Die Lippen aus Chrom, die Kiefer aus Stahl. Wir müssen ihn lieben, wir haben keine Wahl.
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Ich fühle dich in der Stille der Stille auch wenn dich ein Flugzeug durchbohrt.
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Sie balancieren so lang auf ihrem Schatten, bis sie das Gleichgewicht verlieren.